Frisch vom Dach

Insider zwitschern es von den Dächern: das Noma 2.0 ist eröffnet. Und so pilgern Neugierige aus aller Welt derzeit nach Kopenhagen. Ins neue Restaurant von Food-Guru und Küchenrevoluzzer René Redzepi. Der macht aus vier Jahreszeiten einfach drei und baut sein Grünzeug auf dem Dach an.

 

René Redzepi ist für seine verwegenen Restaurantkonzepte bekannt. Für untypische Herangehensweisen. Und auch für einen gewissen Hang zur Radikalität. So hat er vor Jahren mit seinem konsequenten Regionalismus und den puristischen Gerichten die Kochwelt erstmal geschockt und dann revolutioniert. Hat sich damit in Kritikerkreisen mindestens genauso viele Feinde wie Freunde gemacht. Anders sein ist sein Erfolgsrezept. Das und die ständige Veränderung. 2016 hat er sein Restaurant Noma geschlossen, trotz offensichtlichen Erfolgs. Trotz des Hypes um seine Person. Trotz einer kinoreifen Verfilmung seiner Karriere. Für den Freigeist war es einfach wieder einmal an der Zeit, sich neu zu erfinden.

Kürzlich gelesen: Redzepi hat im Februar 2018 sein Noma 2.0 eröffnet. Wieder in Kopenhagen, diesmal im Stadtteil Christiania, der sogenannten freien Stadt. Auch das irgendwie passend. Und wieder einmal staunt die Welt. Was hier entstanden ist, zeugt von Wahnsinn. Acht Gebäude, Labors, Gewächshäuser. Gemüsebeete auf dem Dach. Das Konzept dahinter so einfach, wie verrückt: gesundes Null-Kilometer-Essen. Und eine sehr reduzierte Karte, die strikt dem folgt, was die Natur – oder besser gesagt: das Dach – hergibt. Das neue Redzepi-Baby treibt die Idee einer lokal-saisonalen Küche auf die Spitze. Drei, statt vier Jahreszeiten, drei Karten: Im Herbst gibt es Pilze, Beeren und Wild. Im Winter Fisch und Schalengetier. Und von Mai bis September vegetarische Kost. Will heißen: Obst, Gemüse und Kräuter von umliegenden Bauern und vom Restaurant-Dach. So weit, so gut. Aber René Redzepi wäre nicht der Kochtopf-Nerd mit keinem (!) Michelin-Stern, hätte er nicht noch ein verschrobenes Ass im Ärmel: die Fermentation. Im Grunde auch nichts Neues. Man denke nur an Großmutters Sauerkraut-Fass im Keller. Hier geht es darum, dem Grünzeug auf natürliche und uralte Weise Umami-Geschmack zu entlocken. Durch Vergären, durch den Zusatz von Bakterienkulturen oder Schimmelpilzen. Und zack wird der Salat zum neuen Steak. Preislich zumindest. Auch hier spürt man die typisch nordische Pippi-Langstrumpf-Denke: Redzepi macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Kreativ und verschuldet bis über beide Ohren. Radikal mutig. Und damit ein gefundenes Fresschen für unseren Inspirationsblog.

 

Fotos by Jason Loucas, Bearbeitung by SANNI

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